Hessens Dachboden. Sammeln? Oder kann das weg?

Alltagskultur ist alles was wir nutzen und tun. Zeugnisse des täglichen Lebens finden sich in unseren persönlichen Gegenständen, bei der Arbeit, in unseren Kellern und auf dem Dachboden. Manches wird überflüssig, manches behält über Generationen seinen Wert.

Die Sammlung des Freilichtmuseums Hessenpark beinhaltet ca. 200.000 Objekte und stellt ein Archiv der Alltagskultur dar. Neben einem Einblick in die Vielfalt der Sammlung, steht auch die wissenschaftliche Bearbeitung der Objekte im Fokus. Wie bestimmen Restaurator*innen das Alter von Gebäuden? Und was sollte als Nächstes gesammelt werden? Diese und andere Fragen werden in der Ausstellung gemeinsam mit den Besuchenden beantwortet.

Dechentreiter Dreschmaschine

Die Dreschmaschine wird beim jährlichen Erntefest in Betrieb genommen. Besuchende sind dieses Jahr vom 1. bis zum 3. Oktober dazu eingeladen. Hier kannst du dir einen Eindruck davon machen, was dich erwartet:

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Spielzeugbauernhof eines Rotarmisten

Familie Bastian stellte uns Fotos und Originaldokumente zur Verfügung, welche die Geschichte des Spielzeugbauernhof unterstützen. Auch die Post zwischen der Familie und Michal Durejko liegen in der Datenbank unseres Museums vor.

Musterwalzen

In manchen unserer historischen Gebäude sind die Innenräume mit Musterwalzen gestaltet worden. Hier sieht man eine kleine Auswahl aus dem Haus aus Idstein und dem Haus aus Fellingshausen.

Blechspielzeug

 

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Dendrochronologie

Hier ist zu sehen, wie unser Restaurator aus einem Holzstück eine Probe für die Dendrochronologie nimmt. An dem Bohrzylinder können die Jahresringe abgelesen werden, um das Holz zu datieren.

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Zunfttruhe

Wenn etwas aus unserem Magazin restauriert wird, muss natürlich jeder Schritt dokumentiert werden. Lesen Sie sich hier gerne durch einen unserer Restaurierungsberichte:

Restaurierungsbericht herunterladen

Stickstoffkammer

Unsere Luft setzt sich normalerweise aus etwa 78% Stickstoff, ca. 21% Sauerstoff und anderen Gasen zusammen. In der Stickstoffkammer werden über nur wenige Stunden alle anderen Gase mit Stickstoff verdrängt. Das Gas wird aus der normalen Luft außerhalb des Gebäudes herausgefiltert und kann nach der vierwöchigen Behandlung der Objekte wieder in die Außenluft abgelassen werden. Diese Art der Schädlingsbekämpfung ist daher besonders unproblematisch.

Konvolut Böth

Zur Übergabe von Objekten an unser Museum gehören auch Interviews, in denen Spender*innen die Möglichkeit haben mehr zu ihren Dingen zu erzählen. Diese Informationen sind eng mit den Objekten verbunden. Familie Böth aus Niederwalgern überlies die Objekte als gesammeltes Konvolut. Die Interviewmitschrift erzählt viel über die Exponate und die Familiengeschichte der Böths.

 

Interviewmitschrift Niederwalgern, den 20.09.2019 – Interview geführt von Julia Rice

Interviewpartner*in und Spender*in: Hildegard und Konrad Böth, Mühlackerstraße 7, 35096 Niederwalgern

Objekte: 2 Trachtenpuppen (männliche Puppe: Hessenkittel / weibliche Puppe: Marburger evangelische Tracht der unverheirateten Mädchen), Wechseltracht für das Mädchen, Brautschmuck, 2 Tischdecken, 2 Kitzel, Konfirmationskleid und 2 Urkunden

Biographische Daten:

  • Das in 1780 erbaute und somit älteste Gebäude des Hofes war Wirtschaftsgebäude und Hofeinfahrt des alten „Fränkischen Gehöfts“. Ergänzend wurde in den Jahren 1904 (Stall gegenüber dem neuen Wohnhaus), 1910 die Scheune gegenüber der alten Hofeinfahrt und im Jahre 1911 das neue Wohnhaus erbaut.
  • Ab 1891 befand sich im Wohnhaus die Kassenstube der Raiffeisenbank; Heinrich Böth (Urgroßvater von Konrad Böth) war hier bis 1914 als Rechner beziehungsweise Geschäftsführer tätig
  • Ihm folgten in den Jahren darauf:
    • Jakob Böth (Bruder von Konrad Böth) 1915
    • Konrad Böth (Bruder von Jakob Böth) 1916-1945
    • Jakob Böth (Vater des heutigen Konrad Böth) 1946-1983
    • Konrad Böth (jetziger Bewohner) 1984-1997
  • Die Kassenstube verblieb bis 1960 im Wohnhaus der Familie Böth, bis die Bank schließlich in ein eigenes Gebäude umziehen sollte
  • Die heutigen Bewohner Hildegard geb. Fischer (*26.03.1951) und Konrad Böth (*05.12.1950) leben gegenwärtig alleine in dem Anwesen und halten die Gebäude mit viel Einsatz und Liebe instand
    • Hochzeitsdatum: 09.03.1973
  • Konrad Böth ist eines von drei Kindern von Frau Elfriede Böth geb. Becker (*04.04.1929 in Fronhausen – †10.12.2017 in Niederwalgern) und Herrn Jakob Böth (*21.10.1920 – †27.12.1999)
  • Elfriede Böth ehelichte Jakob Böth am 19.02.1950 und zog von Fronhausen auf den Hof nach Niederwalgern; sie war fortan als Hausfrau und im landwirtschaftlichen Betrieb tätig
  • Das soziale Umfeld der Familie Böth wurde als sehr positiv beschrieben. Die Familie ist seit jeher aktiv mit dem Dorfleben verbunden und beschreibt eine noch immer intakte Nachbarschaft; die Nachbarschaft wird als „gut bürgerlich“ beschrieben
  • Elfriede Böth (Trachtenpuppen, Konfirmationskleid) wurde mir von Hildegard Böth als eine lebensfrohe, der Familie immer zugewandte Person beschrieben, die ihren Gemüsegarten stets mit großer Hingebung pflegte; das Leben der Großfamilie spielte sich auch schon zu ihrer Zeit zum einem großen Teil in der gemütlichen Wohnküche ab

Objekte:

  1. Trachtenpuppen von Elfriede Böth
  • Bei der weiblichen Puppe handelt es ich um die evangelische Marburger Tracht einer unverheirateten Frau
  • Die Tracht wurde vermutlich Ende der 1960er Jahre in Fronhausen von einer ehemaligen Nachbarin der Elfriede Böth genäht (Name der Dame ist unbekannt)
    • Der Stoff für die Tracht wurde, und das liegt nahe, im Trachtenladen Berdux in Marburg gekauft
  • Die Herstellung der beiden Stülpchen jedoch, verortet Hildegard Böth in Moischt (Marburger Stadtteil), auch hier der Name der Näherin unbekannt
  • Die männliche Puppe, die im Hessenkittel gekleidet ist, führt Hildegard Böth auf ihre Mutter Anna Fischer geb. Henz (*20.07.1920 – †12.10.2006) aus Damm zurück; wurde vermutlich ebenfalls Ende der 1960er Jahre genäht
    • Der Hessenkittel könnte aber auch von Else Weidner geb. Becker hergestellt worden sein (Schwester von Elfriede Böth)
    • Die Strickmütze könnte Anna Fischer selbst gestrickt haben
    • Anna Fischer war selbst Trachtenträgerin der evangelischen Marburger Alltagstracht, legte diese jedoch vor dem Krieg ab (galt als unmodisch und zu warm)
  • Zudem wurde die noch vorhandene Wechselkleidung der weiblichen Tracht ebenfalls übergeben, jedoch befinden sich die Puppe noch im Originalzustand und die Kleidung wurde nie „gewechselt“
  • Die Puppen wurden schon immer in einer Glasvitrine im 1.Stockwerk des Wohnhauses aufbewahrt und sind deswegen in einem bemerkenswert gutem Zustand
    • Die Trachten sind nie gewaschen oder irgendwie behandelt worden
  • Objekte dienten somit der Erinnerung an die „Trachtenzeit“, durften aber, wenn auch vorsichtig, von den Kinder hin und wieder bespielt werden
  1. Brautschmuck aus Niederwalgern
  • Brautschmuck (Kopf) und Sträußchen für den Bräutigam
  • Schmuck geht vermutlich auf Konrad Böths Urgroßmutter Margaretha geb. Ruth (*12.07.1867 – Sterbedatum unbekannt) und den Urgroßvater Heinrich Böth (*29.08.1866 – Sterbedatum unbekannt) zurück
  • Im Wohnzimmer der Familie steht ein Schrank, der eigens für Margaretha Böth gebaut wurde. In Form von Intarsien steht auf der linken Tür „Margaretha Ruth von“ und auf der rechten Tür „Niederwalgern 1890“ geschrieben.
    • Zudem ist sie auf einer Fotografie, welche sie in der Marburger Tracht zeigt, abgebildet. Das Foto befindet sich hinter einer Glasscheibe und kann vor das Türschloss des Schrankes geschoben werden, um dieses dahinter zu verbergen. (Fotos des Schrankes liegen vor)
  • Der Schmuck wurde vererbt und befand sich bis jetzt in einem Schrank, es können keine weiteren Angaben gemacht werden
  1. Konfirmationskleid von Elfriede Böth
  • Der Gürtel ist nicht im Original dem Kleid zugehörig
  • Es wurden zudem zwei Konfirmationsurkunden übergeben – die von Elfriede Böth und die ihres Mannes Jakob Böth
  • Die Seide, aus dem das Kleid gefertigt wurde, stammt aus Frankreich und wurde ihr von ihrem Schwager Heinrich Eidam mitgebracht, der vermutlich dort als Soldat stationiert war
    • In Deutschland gab es aufgrund des Krieges keine solche Stoffe zu kaufen
  1. Kitzel aus Damm
  • Geht auf die Großmutter von Hildegard Böths zurück: Katharina Henz geb. Debus aus Damm (*14.05.1893 – Sterbedatum unbekannt)
  • Wurde zum Transport von Blechen, bestückt mit Broten und Kuchen, auf dem Kopf zum Backhaus genutzt
  • Diente später als Wandschmuck und wurde von Hildegard Böth im Schrank aufbewahrt
  1. Tischdecken
  • Wurden von Hildegard Böth in einem Schrank aufbewahrt, jedoch kann sie nicht mehr sagen, auf wen die Tischdecken zurückgehen

Starterset Menstruation/Pubertät

Neben Menstruationsprodukten enthalten Startersets auch Informationsmaterial zu biologischen Veränderungen in der Pubertät. Außerdem werden Unsicherheiten und Fragen von Jugendlichen aufgegriffen und thematisiert.

Corona-Archiv

Im Laufe der Pandemie veränderten sich viele Dinge in unser aller Alltag. In einem Fotoarchiv versuchen wir, dies zu dokumentieren, bevor die vielen Hinweisschilder und Neuerscheinungen wieder verschwinden.

Datenbank

Eine Datenbank ist für die Sammlung unabdingbar. Sie enthält Informationen zu den Vorbesitzer*innen, zu Größe, Farbe und Standort. Alles was das Objekt betrifft wird dort abgespeichert, um nicht in Vergessenheit zu geraten. Einige Beispiele haben wir hier zusammengestellt:

Restaurierungswerkstatt

Restaurierung beinhaltet eine Vielzahl an Aufgaben. Restaurator*innen sind für Datierungen, Sicherungen, Instandhaltungen, Entwesung und vieles andere verantwortlich. Dementsprechend divers sind auch die Werkzeuge, mit denen sie arbeiten. Hier erlauben wir einen Einblick in die Restaurierungswerkstatt des Freilichtmuseums.

Kratzputz

Die drei Kratzputzgefache sind die ältesten signierten und datierten Gefache in Hessen. Sie wurden von Johann Donges hergestellt. Die Malerfirma Donges ist heute noch in Holzhausen bei Marburg tätig.

Hier ist die Restaurierung der Gefache im Detail zu sehen:

Im Ausgangszustand bröckelten vor allem die Ränder der obersten Putzschicht. Dadurch verloren die Gefache immer mehr ihrer Oberfläche.

Um die Ränder zu sichern wurde zunächst eine Probe des Materials genommen, um die genaue Zusammensetzung des Putzes analysieren zu können.

Anschließend wurde der im Putz enthaltene Kalk gelöst, sodass nur noch Sand, Lehm und Haar übrigblieben. Diese wurde ausgewaschen und durch verschiedene Siebe geschüttet, um die Anteile der verschiedenen Körnung zu ermitteln.

Nach der Trocknung wurde das exakte Verhältnis der Materialien ablesbar. Es entsteht also ein Rezept für den Restaurator, das er für die Restaurierung nutzen kann.

Mit der so entstandenen Mischung konnten brüchige Teile stabilisiert und die Ränder gesichert werden.

Die brüchigen Stellen der obersten Schicht wurden mit einer Mischung aus Kalk und Tierhaaren gefestigt. Man erkennt die weißen Ränder deutlich, was den Gesamteindruck stört.

Daher mussten die bearbeiteten Flächen farblich retuschiert werden. Hierzu wurden Aquarellfarben genutzt, weil sie bei Bedarf mich Wasser gelöst werden können. Dabei wurden verschiedene Farbtöne übereinander aufgebracht, um dem Originalmaterial so ähnlich wie möglich zu sein.